Die Berufsschule in Deutschland

Die Berufsschule in Deutschland und der Berufsschulreligionsunterricht (= BRU)

Die landläu­fig klas­sis­che Beze­ich­nung „Beruf­ss­chule“ als der für die Berufs(aus)bildung zuständi­ge Schul­typ in der BRD ist let­ztlich der Name für ein ganzes Schul­sys­tem, unter dessen Namen eine Rei­he von Schulen zusam­menge­fasst sind, die alle unter­schiedlichen Bere­iche der beru­flichen Bil­dung abdeck­en. Beispiel­haft sei die Fülle der Schul­for­men der Beruf­ss­chule anhand des Beruf­skol­legs in NRW[ref]Für andere Bun­deslän­der wäre ein fast analoges Bil­dungsange­bot bei abwe­ichen­der Beze­ich­nung der einzel­nen Bil­dungs­gänge darzustellen (vgl. z.B. für Baden-Würt­tem­berg, für Nieder­sach­sen oder für Bay­ern; Zugriffe je am 14.8.2012). Eine generelle Beschrei­bung der einzel­nen Rich­tun­gen von Beruf­ss­chulen in der BRD ist auf Grund der län­der­spez­i­fis­chen Aus­gestal­tung des beru­flichen Schul­we­sens im Rah­men dieser Arbeit nicht zu leis­ten.[/ref] dargestellt.Logo bibor

Namensgebend mit dem Ter­mi­nus „Beruf­ss­chule“ ist als erste (1.) jene Schule zu nen­nen, in die Auszu­bildende mit einem Aus­bil­dungsplatz an einem oder zwei Tagen zur The­o­ri­eschu­lung kom­men und im Betrieb an den anderen Tagen arbeit­en und „ler­nen“. Wegen dieser zwei Ler­norte wird dieser Schul­typ als duales Sys­tem beze­ich­net und ist der klas­sis­che Typus der bun­des­deutschen Berufs(aus)bildung (vgl. Beruf­skol­leg in Nor­drhein-West­falen 2008, 6–9). Das Beruf­sori­en­tierungs­jahr wie auch das Beruf­s­grund­schul­jahr gehören als vol­lzeitliche Bil­dungs­gänge der Berufsvor­bere­itung eben­falls zur Beruf­ss­chule. Die Berufs­fach­schule ist (2.) eine Schule, die zwei­jährig entwed­er zu ein­er beru­flichen Grund­bil­dung oder einem Beruf­s­ab­schluss nach Lan­desrecht je mit einem mit­tleren Schu­la­b­schluss (Fachober­schul­reife) führen soll und an die sich eine Beruf­saus­bil­dung im dualen Sys­tem anschließen soll(te) (vgl. Beruf­skol­leg in Nor­drhein-West­falen 2008, 10–12). Daran schließt sich (3.) die „Höhere Berufs­fach­schule“ mit dem Abschluss ein­er beru­flichen Qual­i­fika­tion (vol­lzeitschulis­ch­er Abschluss nach Lan­desrecht) und der Fach­hochschul­reife an (vgl. Beruf­skol­leg in Nor­drhein-West­falen 2008, 13–17). Das (4.) beru­fliche Gym­na­si­um mit den möglichen Abschlüssen ein­er beru­flichen Qual­i­fika­tion und der Erlan­gung der all­ge­meinen Hochschul­reife (vgl. Beruf­skol­leg in Nor­drhein-West­falen 2008, 18–21) sowie (5.) die Fachober­schule, die in der Kom­bi­na­tion von schulis­ch­er und prak­tis­ch­er Aus­bil­dung diverse Abschlüsse wie den gebun­de­nen (Fach­hochschul­reife) oder freien (all­ge­meine Hochschul­reife) Zugang zu ein­er Hochschule anbi­eten (vgl. Beruf­skol­leg in Nor­drhein-West­falen 2008, 22–25), run­den das Ange­bot z.B. der Beruf­skol­legs in NRW ab. Darüber hin­aus schließen (6.) die Fach­schulen (vgl. Beruf­skol­leg in Nor­drhein-West­falen 2008, 26f.) für eine beru­fliche Weit­er­bil­dung und die Erlan­gung der Fach­hochschul­reife das Ange­bot der Beruf­skol­legs ab.[ref]Keine Berück­sich­ti­gung find­en hier z.B. die Meis­terkurse, die auch noch unter dem Dach der Beruf­skol­legs ange­boten wer­den – meist abends als berufs­be­glei­t­ende Bil­dungs­maß­nahme mit dem Abschluss des Meis­ters.[/ref]

Diese beispiel­haft an Nor­drhein-West­falen dargestellte – und in ihren län­der­spez­i­fis­chen Vari­a­tio­nen im Grund­satz bun­desweit ver­gle­ich­bare – kom­plexe Organ­i­sa­tion des Beruf­ss­chul­sys­tems schuldet ihre Vielfalt an ange­bote­nen Bil­dungs­gän­gen den neueren Entwick­lun­gen des Arbeits­mark­tes und der Berufs­bil­dung. Die Chan­cen­losigkeit viel­er Jugendlich­er auf eine Aus­bil­dungsstelle und die Auswe­glosigkeit ander­er Jugendlich­er, mit ein­er Aus­bil­dungsstelle das Über­gangssys­tem ver­lassen zu kön­nen, schlägt sich im Ange­bot der nor­drhein­west­fälis­chen Beruf­skol­legs (und der Beruf­ss­chulen bun­desweit) nieder, sofern diesen Jugendlichen hier „Maß­nah­men“ geboten wer­den, um „aus­bil­dungsreif“ zu wer­den, um auf schulis­chem Weg einen Beruf­s­ab­schluss zu erwer­ben oder um eine schulis­che Höherqual­i­fizierung zur anschließen­den Chancener­weiterung zu erre­ichen. Die gesamten berufsvor­bere­i­t­en­den und beruf­squal­i­fizieren­den Maß­nah­men im gewerblichen wie auch kaufmän­nis­chen Bere­ich[ref]Anders ver­hält es sich bei den sozialen Berufen, deren Aus­bil­dung meist nicht dual organ­isiert ist, son­dern in vol­lzeitschulis­chen Bildungsgängen unter­richtet wird mit einem anschließen­den Anerken­nungs­jahr als prak­tis­chem Teil der Aus­bil­dung.[/ref] der Beruf­skol­legs (Beruf­ss­chulen) sind Spiegel und Reak­tion auf die Aus­bil­dungssi­t­u­a­tion für Jugendliche in den let­zten Jahrzehn­ten.

Der Beruf­ss­chul­re­li­gion­sun­ter­richt

Der Beruf­ss­chul­re­li­gion­sun­ter­richt ist ins­ge­samt ein Man­gelfach in Deutsch­land, d.h. es find­et sehr viel weniger (evan­ge­lis­ch­er wie auch katholis­ch­er) BRU statt wie es nötig wäre. Dabei zeigen sich deut­liche regionale Unter­schiede: Während in den vie­len alten Bun­deslän­dern (Bay­ern / Baden-Würt­tem­berg / Hes­sen / NRW / Nieder­sach­sen / Ham­burg) der BRU stark vertreten ist, ist der BRU in den neuen Bun­deslän­dern auch auf Grund der Geschichte des Fach­es nur schwach vertreten. Das in den let­zten Jahren viel disku­tierte und nun schon in eini­gen Bun­deslän­dern einge­führte Fach „Islamis­che Reli­gion­slehre“ wird an beru­flichen Schulen bish­er nicht erteilt. Von daher ergibt sich für den BRU eine fast sin­guläre Sit­u­a­tion als Reli­gion­sun­ter­richt nach GG 7,3.

Der BRU wird im Klassen­ver­band erteilt. Am BRU nehmen evan­ge­lis­che, katholis­che, mus­lim­is­che und religionslose/religionsfreie Schü­lerin­nen und Schüler teil. Da Freis­tel­lun­gen vom BRU rel­a­tiv sel­ten sind, prä­gen den BRU und sein didak­tis­che Pro­fil het­ero­gen-plu­rale, mul­tire­ligiöse und mul­ti­kul­turelle Lern­grup­pen.